Sommerspaß Teil I – mit Jesus, Harry Potter und viel Lärm im Kampf gegen das Böse

Schon Anfang Juni begannen hier für Victoria die Sommerferien. Bei den mediterranen Sommertemperaturen sind dreieinhalb Monate Ferien wohl wirklich das Beste für die italienischen Kinder. Die meisten Familien haben einen Urlaub am Meer geplant. Manche fahren dafür einfach drei Wochen lang ins nahe gelegene Pellestrina oder auf die andere Seite des Stiefels ans Ligurische Meer. Andere haben ein Sommerhäuschen irgendwo in den Euganäischen Hügeln oder den Dolomiten und verbringen den Urlaub in den Bergen.

Aber natürlich können sich die Eltern nicht ewig freinehmen. Deswegen gibt es in Italien ein riesiges Angebot von Sommerfreizeiten. Da in Deutschland die Schule schon Mitte August wieder anfängt, sind es für Victoria „nur“ zehn Wochen Ferien. Innerhalb der Zeit geht es für uns wieder zurück nach Deutschland. Die letzten Italienwochen nutzen wir nochmal für einige gemeinsame Ausflüge. Allerdings habe ich genau in der Zeit meine Prüfungen an der Uni und muss fleißig lernen. Also habe ich die Kinder bei einigen der Angebote angemeldet. Sie erleben jetzt also auch ganz typische italienische Sommerferien.

Eines dieser Angebote sind die sogenannten GREST-Ferienfreizeiten, die von Kirchgemeinden angeboten werden. Sie liegen in den ersten beiden Ferienwochen und richten sich explizit an Kinder ab der ersten Klasse bis 13 Jahre, da die Kitas in dem Zeitraum noch offen haben und die Jüngeren somit noch versorgt sind. Victoria hat auch an einem solchen GREST teilgenommen. Das steht für GRuppo ESTivo (Sommergruppe) und könnte grob mit der bei uns bekannten katholischen Religiösen Kinderwoche oder der evangelischen Kinderrüstzeit verglichen werden. Zwei Wochen lang werden die Kinder in der Pfarrei mit Spielen, Tänzen, Liedern, Sport und Bastelarbeiten beschäftigt, und zwar von den Animatori, den Jugendlichen der Gemeinde. Die hatten ordentlich zu tun: nicht weniger als 80 Animatori mussten sich um ganze 240 Kinder kümmern! Das war ein ziemlicher Tumult.

Als Verantwortliche gab es natürlich noch einige Erwachsene, darunter der Pfarrer. Der ist hier gerade Mal Anfang 30 und war sich zum mitmachen nicht zu schade. Jeden Morgen wurden die Kinder erstmal auf dem laut mit Sommerhits beschallten Kirchenvorplatz mit Tänzen begrüßt. Da war der Pfarrer auch gern mal vorne mit dabei.

Beim GREST gibt es jedes Jahr ein Thema. Dieses Jahr: „Potter-GREST, Nimbus 2019“. Das Gemeindezentrum wurde also zur Großen Halle der Hogwarts-Zauberschule, der Sportplatz zum Quidditchfeld und der Pfarrgarten zum Verbotenen Wald. Die Kinder wurden in die vier Hogwarts-Häuser aufgeteilt und mussten sich Punkte verdienen, um am Ende zu gewinnen. Gebastelt wurde ein Schnatz und in den kleinen Anspielen der Animatori ging es um die Freunde von Harry, um Zaubertrankunterricht und den Kampf gegen das Böse. Dabei wurde auf magische Weise auch mal ein Stock schweben gelassen, Wasser gefärbt und Funken versprüht.

Morgendliche Begrüßung: Tanzen auf dem Kirchvorplatz

Harry und seine Freunde ziehen am finalen Abend die Gewinnergruppe aus dem Feuerkelch.

Victoria kannte Harry Potter bisher noch gar nicht. Mit den Namen oder Szenen aus den Büchern konnte sie deswegen eher wenig anfangen. Dass es gute und böse Zauberer gibt, der verbotene Wald irgendwie gefährlich ist und manche Lehrer wie im echten Leben blöd sind ist aber auch ohne Hintergrundwissen klar gewesen. Tiefer wurden die Geschichten sowieso nicht aufgegriffen. Warum war der Schatz bei der Schnitzeljagt eigentlich das Schwert von Gryffindor? Egal, die Suche hat Spaß gemacht. Wer genau ist dieser Böse, gegen den gekämpft wird? Na, Hauptsache, der verliert am Ende!

Mehr hat es auch gar nicht gebraucht. Meiner Meinung nach sind die Storys, die später ja auch richtig düster werden, eher etwas für ältere Kinder und Jugendliche. Interessant hätte ich es allerdings gefunden, wenn zwischen den Potter-Geschichten und christlichen Themen irgendwie ein Bezug hergestellt worden wäre. Da blieb es aber bei der Parallele Gut gegen Böse, der Rest war einfach Motto. Der christliche Gedanke der Freizeit beschränkte sich auf ein Lied vor dem Essen und die Einladung aller Familien zum Gottesdienst.

Auch sonst hatte nicht alles nur mit Harry Potter zu tun. Es ging auch mal um Mülltrennung und zwei Tagesausflüge führten in die Berge und ins Schwimmbad. Der erste Freitagabend wurde zum „Colour Friday“ benannt. Da wurden nach indischem Holi-Fest-Vorbild bunte Pulverfarben in die Luft geworfen. Valentina war das irgendwie skurril, alle anderen hatten Spaß dabei, sich so richtig bunt einzusudeln. Der Höhepunkt war dann der Abschlussabend. Auch hier hieß die Devise: Hauptsache laut! Sommerhit-Tänze, GREST-Lieder samt Jugendband und Fotozusammenschnitte (natürlich unterlegt mit Sommerhits) – entsprechend aufgedreht waren die 240 Kinder. Nur zur Siegerehrung fehlten irgendwie die Mikrofone. Aber die Italiener können ja auch so laut genug schreien. Beeindruckend war der Feuer-Specialeffect, der der Szene noch etwas Magisches verlieh. Gewonnen hat – natürlich – Griffindoro.

Insgesamt war Victoria ganz begeistert vom GREST. In ihrer Gruppe waren einige Freundinnen aus der Schule dabei und auch die Animatori hat sie schnell ins Herz geschlossen. Die morgendlichen Discoeinlagen waren aber nicht nur mir sondern auch Victoria zu laut. Sie brauchte immer erstmal eine intensive Kuscheleinheit mit ihrer Lieblingsjugendlichen, um anzukommen. Auch mit den italienischen Zeiten hatten wir ganz schön zu kämpfen: beim Farbenfest und dem Abschlussevent lagen wir erst kurz vor Mitternacht im Bett. Das waren die beiden Mädchen wirklich nicht gewöhnt. Ich persönlich war ziemlich beeindruckt von dieser sehr italienischen Art der christlichen Sommerfreizeit. Es war riesig, laut, immer voller Action und bei allem Chaos trotzdem gut organisiert. Für die nächsten Jahre freue ich mich dann aber doch darauf, die Mädchen bei der ruhigeren und kleineren Version in unserer Gemeinde in Deutschland anmelden zu können.

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