Laut, Lauter, Kita – Alltag in der italienischen scuola dell’infanzia

Valentina ist morgens eine der ersten Kinder ihrer Gruppe. Statt direkt in ihr Zimmer zu gehen, schaut Valentina aber erstmal in jede Tür hinein. In der ersten begrüßt sie die dortige Erzieherin, die Valentina sehr liebgewonnen hat und sehr herzlich ist. In der zweiten wird ihr liebster Freund begrüßt. Die beiden umarmen sich herzallerliebst und er zeigt ihr, woran er gerade bastelt. Erst dann geht es hinter zur roten Gruppe, wo sie freudig begrüßt wird. Ihre beiden Erzieherinnen Daniela und Mariella lieben sie und auch Valentina scheint wunderbar mit ihnen auszukommen.

Valentina hängt nur die Jacke in ihr Garderobenfach. Die Schuhe bleiben den ganzen Tag an, außer beim Mittagsschlaf. Deswegen wird zwischendurch das Gruppenzimmer saubergemacht und die Kinder müssen raus. Meiner Meinung nach ist das eine unsinnige Regel, vor allem jetzt in der matschigen Jahreszeit. Die Kinder gehen dann in den Garten (von wo sie wieder Dreck mitbringen…) oder bei schlechtem Wetter in den großen Spieleraum, den alle Gruppen gemeinsam nutzen. Leider ist „schlechtes Wetter“ ja Definitionssache und wird hier deutlich anders ausgelegt als in unserer Dresdner Kita, wo es auch bei Regen und Schnee wenigstens kurz nach draußen geht. Hier muss es noch nicht einmal nieseln – an einem grauen oder kalten Tag reichen ein wenig Matsch oder der Morgentau aus, damit die Kinder drin bleiben, um nicht nass und dreckig zu werden. Jetzt im Winter sind sie also eigentlich dauerhaft drinnen. Selbst im Sommer gehen die Kinder nur vormittags raus. Nach Mittagessen und Mittagsschlaf sitzen sie dann in der Gruppe und warten bei Kreisspielen und Kinderliedern darauf, abgeholt zu werden. Ich finde es sehr schade, dass diese Zeit nicht noch zum Herumtoben im Freien genutzt wird.

Tagsüber malt und bastelt die Gruppe viel, thematisch der Jahreszeit angepasst. Inhaltlich bekomme ich ansonsten nicht sehr viel mit. Angeblich haben die Kinder einmal in der Woche Religion und Yoga, davon hat Valentina aber noch nichts berichtet. Dafür freut sie sich umso mehr auf die wöchentliche Sportstunde. Wie in der Schule müssen auch die Kindergartenkinder dann morgens direkt in bequemen Sportsachen in die Kita kommen, um den Erziehern das Umziehen zu ersparen. Auch Bettzeug und ein Handtuch müssen wir wöchentlich frisch gewaschen mitbringen. Dafür muss ich morgens keine Brotdosen zurechtmachen, denn den Vormittagssnack gibt es wie das Mittagessen von der Kita.

Die Spielzeugregale der Gruppenräume werden von Plastik und Disney-Artikeln bestimmt. Das ist ein starker Gegensatz zu den vielen regenbogenfarbenen Montessori-Materialien aus Holz und Filz unserer bisherigen Kitas – dabei war Maria Montessori ja selbst Italienerin. Im Garten gibt es zwei Klettergerüste und ein paar Bälle, keine Fahrzeuge und keinen Sandkasten. Valentinas Erzieherin Mariella hat mit erzählt, dass die meisten Spielsachen der Gruppe gebrauchte ihrer Nachbarn und Bekannten seien. Von der Kommune fließt wohl viel zu wenig Geld, um neue Spielsachen zu besorgen. Die Ausstattung scheint also in den kommunalen Einrichtungen auch eine Frage der Erzieher-Motivation zu sein und da hat Valentinas Gruppe offensichtlich Glück.

Generell scheinen die Angestellten in den kommunalen Schulen und Kindergärten nicht besonders zufrieden mit ihren Arbeitsverhältnissen zu sein. Schon mehrfach wurden Streiks angekündigt. Am diesem Tag muss man morgens in die Schule kommen und sehen, ob die Klasse, die Gruppe oder überhaupt die Schule geöffnet ist. Nachdem es die letzten sechs oder sieben Mal bei der Ankündigung blieb, war die Kita diese Woche nun tatsächlich mal zu.

Ich hatte ja vorher schon befürchtet, dass die Kinder hier eher selten draußen sind und das Spielzeug trifft nicht gerade meinen Geschmack. Insgesamt bin ich aber sehr froh, dass Valentina gut in ihrer Gruppe angekommen ist und gern hingeht. Nur eines stört mich wirklich: hier muss einfach alles LAUTER sein!

 

Gruppenraum und Außengelände

 

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