Geburtstag feiern in Italien
Kinder-Sozialleben in seiner ganzen Bandbreite – dazu gehören natürlich auch Kindergeburtstagseinladungen. Wie groß war daher die Freude, als Victoria die erste Einladung für einen Kindergeburtstag bekam. Denn als ich mit den Kindern ins Ausland ging, war meine große Hoffnung, dass sie sich schnell integrieren und Freunde finden würden. Umso größer war dann die Ernüchterung als ich feststellte, dass die Art, Kindergeburtstage zu feiern, so gar nicht mit dem übereinstimmte, wie ich es kannte und mochte.
Fast alle Geburtstage, zu denen wir eingeladen waren, fanden im Mappaluna statt, einen Indoorspielplatz voller Hüpfburgen, Bällebädern und Spielautomaten. Tatsächlich gab es auch einen Außenbereich, den wir allerdings nie genutzt haben, da es bei der einzigen Feier im Sommer in Strömen regnete.
An einer Seite der großen Halle waren mehrere Bereiche für die Gäste abgegrenzt. Dort konnte man seine Sachen ablegen und einen Tisch für ein kleines Buffet aufbauen. Die Buchten waren eigentlich immer alle ausgebucht. Das heißt, es fanden ungefähr fünf Geburtstagsfeiern gleichzeitig statt. Zusätzlich zu den unzähligen Kindern, die völlig aufgedreht und schreiend durch die Gegend rannten, saßen auch die ganzen Eltern im Mappaluna herum. Denn es ist hier keineswegs üblich, dass man sein Kind dalässt und erst abends wieder abholt. Die Gastgebereltern hätten in dem Chaos keine Chance, einen Überblick über die kleinen Gäste zu behalten. So sitzt man also drei Stunden lang herum, vertreibt sich die Zeit mit dem nur aus Chips, Gummibärchen und Softdrinks bestehenden Buffet und versucht, sein Kind halbwegs im Auge zu behalten. Der Nachwuchs tummelt sich derweil im Tobeparadies herum. Eigentlich ist es ja schön, wenn sich die Kinder viel bewegen. Ich hatte aber immer den Eindruck, die Kinder seien durch die Lautstärke und das Durcheinander völlig überreizt. Allenthalben heulte ein Kind oder es wurde gestritten, wer als nächstes aufs Riesentrampolin darf. Denn der Spaß unterlag nebenbei natürlich noch strengen Regeln, deren Einhaltung vom Personal beaufsichtigt wurde. Man konnte also nicht gemeinsam mit seinen Freunden auf dem Trampolin hüpfen – nein, immer nur einer und zwar exakt 5 Minuten lang.
Überhaupt fand ich es immer wieder sehr schade, wie wenig die Kinder miteinander spielten. Im Grunde hätte das Geburtstagskind einfach ins volle Mappaluna gesteckt werden können – es hätte schon mit irgendwelchen Kindern herumgetobt. Wer eigentlich zu welcher Feier gehörte und wessen Gast war, war kaum zu erkennen. Da konnte man auch getrost die ganze Klasse einladen. Die Kinder, mit denen man eigentlich nichts zu tun hatte, verloren sich schon irgendwo im Chaos. Dafür gabs mehr Geschenke!
Dieser Programmpunkt war auch immer wieder spannend zu beobachten. Tausend Geschenke, schnelles Aufreißen, ein „Ohhh woooooow!“ und weg damit. Waren alle Pakete ausgepackt, überließen die Kinder den Eltern einfach den Berg von Geschenkpapier und überteuerten Markenprodukten und gingen wieder Toben.
Ein wenig Gemeinschaftssinn kam wenigstens bei der Geburtstagstorte auf. Die gibt es in Italien traditionell am Abend. Dabei galt: selber backen ist out. Es musste schon mindestens ein schickes Törtchen aus dem Supermarktregal sein, im besten Fall sogar ein bestelltes Kunstwerk mit Lieblingsmotiv aus der Pasticcieria. Darum standen dann alle und sangen „Tanti auguri per te!“, die italienische Verion von „Happy birthday“. Natürlich zückten alle stolzen Eltern dabei ihre Handykamera. Lustig war immer wieder die Kettenreaktion zu beobachten, wenn eine Gruppe im Saal mit der Torte begann. Dann hörte man in der nächsten halben Stunde nacheinander aus allen anderen Buchten ein lautstarkes „Tanti auguri per te!“.
Tatsächlich erlebten wir einmal eine etwas abgewandelte Version eines Kindergeburtstages. Die Eltern hatten einen Raum in einem Jugendzentrum gemietet und ein Pärchen gebucht, das die Kinder bespaßen sollte, so genannte Animatori. Kinderschminken, Tauziehen und eine Clownshow mit Jonglageeinlagen machten den Kindern schon ziemlich viel Spaß. Außerdem war die Gruppe unter sich, was ich sehr angenehm fand. So viel Geld für Raummiete, Animatori und Torte auszugeben war für mich allerdings trotzdem befremdlich.
Geburtstag feiern wie zu Hause
Von zu Hause kenne ich da ganz andere Arten, die Kindergeburtstage zu gestalten. Da heißt es: ökologische Kinderbeschäftigung im Freien, zur Stärkung Dinkelvollkorn-Möhrenkuchen und als kreatives Angebot Batiken mit Bio-Rote-Beete-Saft oder Filzen mit Kernseife. Na gut, das ist übertrieben. Aber tatsächlich bedeutet für mich ein Kindergeburtstag, die Horde Kinder als eine zusammenhängende Gruppe zu beschäftigen, gemeinsam Spiele zu spielen oder spannende Bastelaktionen zu machen. Themengeburtstage waren für mich früher immer besonders toll. Und den Geburtstagskuchen gabs zum Kaffeetrinken. Wichtig war und ist mir aber vor allem, dass die Kinder tatsächlich miteinander spielen – sonst kann man ja auch alleine feiern.
Umso wichtiger war es mir, auch in Italien die Geburtstage meiner Mädchen auf unsere Weise zu feiern. Da Valentina bereits drei Wochen nach unserer Ankunft ihren vierten Geburtstag hatte, kannten wir noch nicht so viele Leute. Eine deutschsprachige Familie konnten wir aber einladen und so feierten wir mit Kinderschminken und Topfschlagen ganz klein im Park.
Victorias Geburtstagsfeier ganz zum Ende unseres Aufenthaltes war da schon deutlich größer, denn nun hatten die Mädchen ziemlich viele Freunde. Wir feierten in einem Park mit Picknick und einer großen Schatzsuche. Beim Verstecken der Hinweise musste ich aufpassen, nicht von den Parkwächtern erwischt zu werden. Die waren schon nicht so begeistert davon gewesen, dass ich Girlanden zwischen den Bäumen aufhängen wollte. Ob meine Sprachkenntnisse für das Erstellen von lustigen Kinderrätseln als Hinweise reichen würde, wusste ich auch nicht. Letztendlich war es aber ein voller Erfolg. Die Kinder hatten Spaß am Rätselraten und bekamen tatsächlich alles heraus. Und die Eltern waren beeindruckt, was man auf die Beine stellen kann, ohne Animatori dafür zu bezahlen. Zum Schluss gab es noch ein Theaterstück, das die Kinder selber spielen durften – und natürlich die Geschenke.