French Kiss Party, Greek Party, Mimosa Party, Quiz Night, Karaoke Night, Traffic Light Party, Carneval Party, Winter Wonderland Party, Vodka Christmas Party, Long Island Iced Tea Cocktail Party… Noch nie in meinem Leben wurde ich auf so viele Partys eingeladen! Das Klischee stimmt – Erasmuszeit bedeutet Partyzeit. Zumindest, wenn man die vielen Angebote des Erasmus Student Network, kurz ESN, nutzt. Jede Woche könnte man mindestens zu einer Erasmusparty gehen. Aber auch sonst organisiert das ESN viel. Es gibt Tagestouren in die umliegenden Städte, gemeinsames Joggen, Sprachtandemtreffen oder Kneipentouren. Ich habe bis jetzt kaum eines der Angebote genutzt. Fast alle sind abends und meine Möglichkeiten da auszugehen sind mit Kindern natürlich stark begrenzt. Mein Fokus liegt außerdem mehr darauf, Italien noch einmal kulturell intensiver kennenzulernen. Allgemeine Erasmuspartys sind dafür eher nicht das Richtige. Auch die angebotenen Stadttouren sind, nach allem, was ich gehört habe, eher anstrengend, überlaufen und wenig informativ. Da ist es für uns sinnvoller, unsere eigenen Touren mit eigenem Tempo und eigenen Interessenschwerpunkten zu unternehmen.
Allein den Stadtrundgang während der Welcome Week haben wir zu dritt mitgemacht. Zwar haben die Mädchen nicht nur mich, sondern noch andere deutsche Studenten abgelenkt und dauerbeschäftigt, aber ein wenig habe ich doch von der Führung verstanden und mitgenommen. Die anderen Angebote während der Willkommenswoche lagen dagegen außerhalb meiner Möglichkeiten: Welcome Dinner, Welcome Party, Beer Pong Party… Ich muss allerdings gestehen, dass mich auch Veranstaltungen wie Beachvolleyball oder Grillen mit anderen Erasmini wenig gereizt haben, obwohl sie zu familienfreundlichen Zeiten lagen.
Kinder sind genügend Party
Diese ganzen Freizeitangebote für die typischen Erasmusstudenten kann oder möchte ich also weniger nutzen. Trotzdem ist das Auslandsstudium über die Erasmus-Organisation auch als Familie eine tolle Sache. Allein, dass man ein festes Organisationsgerüst und jederzeit Ansprechpartner an der Heimat- und der Gastuni hat, hilft enorm. Die Erasmus-Verträge der Unis untereinander sichern das Ganze ja auch finanziell ab. Falls an der Partneruni Studiengebühren anfallen würden, müsste ich die nicht zahlen. Ich erhalte sogar zum normalen Erasmusstipendium (das sind für Italien in diesem Jahr 360€/Monat) noch einen Alleinerziehendenzuschuss von 200€/Monat. Der ist allerdings pauschal – mit drei Kindern bekäme man also genau so viel wie mit einem. Aber wer kommt schon auf eine so verrückte Idee, allein mit drei Kindern Erasmus zu machen?
Von dem studentisch organisierten ESN kann sich jeder Erasmusstudent für 10€ auch eine ESN-Karte ausstellen lassen. Für die bekommt man dann in einigen Cafés, bei manchen Fluggesellschaften oder bei Flixbus Rabatt. Bisher habe ich das aber kaum genutzt – die Investition hat sich wohl für mich eher nicht gelohnt. In Museen oder den Botanischen Garten komme ich mit meinem normalen Studentenausweis der Uni Padua auch ohne Erasmusstatus vergünstigt oder kostenlos rein. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Karte anderen Studenten mehr bringt.
Zurück zu den Partys: Ich habe gehört, dass eine Erasmuszeit im Lebenslauf manchmal nicht mehr so gern gesehen wird. Das Klischee des Studenten, der ein halbes Jahr lang an spanischen oder italienischen Stränden ‘Party macht‘ anstatt sich an Partnerunis weiterzubilden und fleißig Fremdsprachen zu lernen ist einfach zu verbreitet – und hat auch mehr als nur einen wahren Kern. Für meinen Teil kann ich aber sagen: die Organisation und überhaupt die Möglichkeit, im Ausland zu studieren, ist toll! Mit Kunstgeschichte und Italienisch als Studiengänge war es auch eine gute Wahl, hier her zu kommen. Die Partys und Events überlasse ich lieber den anderen. Vielleicht schaue ich ja dann immerhin zur Say Goodbye Summernight Party vorbei.
Foto von AEP ESN Padova