Die Insel Murano bei Venedig ist bekannt für ihre Glaskunst. Die Souvenirläden reihen sich eng aneinander: hier kann man jede Menge Kitsch kaufen, aber auch schicken Schmuck oder Geschirr. Natürlich gibt es auch Glasstatuen und Glas-Mosaiken für mehrere tausend Euro. Egal was, beeindruckend bleibt die Herstellung der kleinen und großen Kunstwerke. Bei einigen Handwerkern kann man in der Werkstadt zuschauen, das ist eine Touristenattraktion für sich.
In meiner freien Zeit zwischen den Semestern habe ich mich an ein besonderes Erlebnis gewagt: ich habe mich für einen Kurs angemeldet, bei dem man selbst Glasperlen herstellen kann.
Es gibt leider nicht sehr viele Kurse zum Glaskunsthandwerk, und die meisten davon liegen weit über meinem Budget. So kann man beispielsweise in dreitägigen Kursen für 700€ die Grundlagen der Glasbläserei erlernen. Ich fand aber einen Kurs bei einer Künstlerin, in dem ich mich für rund 50€ in 90 Minuten an der Perlenherstellung versuchen konnte. Der Kurs fand in ihrem Atelier in einem Hinterhof auf Murano statt. Dort lagen dekorativ Ohrringe und Ketten, aber auch ganze Kopfbedeckungen und kettenhemdähnliche Oberteile aus Glasperlen zum Verkauf bereit. Durchsichtig und opak, mit und ohne Muster, in allen Farben, Größen und Formen – die Vielfalt an Perlen war beeindruckend. Ganz hinten in der Ecke befand sich der Arbeitstisch mit Bunsenbrenner, Zangen und vielen verschiedenfarbigen Glasstäben.
Bevor es los gehen konnte, ging es natürlich erst einmal um die Sicherheitsvorkehrungen, denn falsch erhitztes Glas kann schnell gefährlich werden. Schutzbrille tragen, nur vorgewärmtes Glas verwenden, die Glasstäbe immer im 90°-Winkel in die Flamme halten. Dann durfte ich nach der ersten Vorzeigeperle auch sofort selber ran. Und das war gar nicht so einfach!
Der Glasstab mit der Wunschfarbe wird mit der Spitze in die Flamme gehalten und beginnt zu glühen. Dabei muss man darauf achten, dass das Glas nicht zu schnell erhitzt wird, aber es muss schon ordentlich an allen Stellen heiß werden. Daher ist es wichtig, immer gleichmäßig zu drehen – und den Winkel nicht vergessen! Möchte man zwei Farben mischen, wird noch eine zweite Glasfarbe erhitzt und die beiden Spitzen miteinander verbunden und verdreht. Dann nimmt man einen Eisenstab zur Hand und wickelt das weiche Glas darum. Natürlich möglichst gleichmäßig, damit die Perle schön rund wird. Die Künstlerin zeigte mir aber auch ein paar Tricks, um Unregelmäßigkeiten wieder zu kaschieren oder wie man mit Hilfe von Eisenwerkzeugen Rillen und Muster in die Perle drückt. Währenddessen nicht vergessen: drehen, drehen, drehen.
Die Perlen verschwinden sofort in einem Spezialofen, damit sie langsam und gleichmäßig auskühlen können und keine Risse gekommen. Deswegen konnte ich meine Kunstwerke erstmal gar nicht bewundern, sondern musste mit leeren Händen nach Hause gehen. Erst eine Woche später konnte ich die Perlen dann in Venedig abholen. An die Meisterstücke im Atelier reiche ich nicht heran, aber ich bin ganz zufrieden mit den vielen Einzelstücken. Mal sehen, was sich daraus zaubern lässt. Spannend war auf jeden Fall das Erlebnis, mit heißem Glas zu arbeiten. Es war eine tolle Erfahrung und hat Lust auf Mehr gemacht – vielleicht schaffe ich es ja noch zu einem Fortsetzungskurs!