Victoria geht nun schon seit rund fünf Wochen in die italienische Schule. Seit drei Wochen hat sie auch ihren festen Stundenplan – und sie hat ganz schön viel zu tun! Neben dem Italienisch- und Matheunterricht gibt es noch jede Menge Fächer, die nur ein- oder zweimal in der Woche dran sind: Kunst, Technik, Geschichte, Geografie, Religion, Wissenschaften, Musik, Sport und Englisch. Die meisten Fächer davon entsprechen zusammengefasst wohl unserem Sachunterricht (früher Heimatkunde). Zusätzlich bekommt sie noch zweimal in der Woche gemeinsam mit anderen anderssprachigen Kindern eine extra Italienisch-Förderung. Das ist super, ich bin froh über jede Unterstützung, die ihr beim Italienischlernen hilft. Die Ausländerquote ist sehr hoch, aber die meisten anderen Kinder konnten zumindest schon ein wenig Italienisch. Die Lehrer sind wohl seit den gestiegenen Flüchtlingszahlen an viele anderssprachige Schüler gewöhnt und da die Klasse mit nur 15 Kindern auch nicht so groß ist, scheint es gut zu klappen.
Normalerweise sind die Grundschul-Materialien in Italien kostenfrei. Da wir aber keine Einwohner der Stadt sind, musste ich die Bücher extra bestellen. Das hat zwar nur um die 20€ gekostet, aber Victoria musste zwei Wochen auf die Bücher warten. Als sie dann da waren, war ich etwas geschockt von Inhalt und Design der Materialien. Sie sind meiner Meinung nach zu überladen mit bunten Bildern und die Aufgaben sind sehr chaotisch angeordnet. Während wir von den ersten Wochen mit deutschen Schulbüchern wohlgeordnete Themenfelder, gerade Reihen mit Kästchen zum Verbinden und übersichtliche Tabellen gewohnt waren, sprangen uns nun bunte, comicartige Bilder und kreuz und quer vollgepackte Seiten ins Auge. Es muss immer etwas mehr, etwas bunter, etwas wilder sein.
Interessant ist auch, dass es mehrere Bücher für Italienisch gibt, jedoch nur eins für den Mathematikunterricht, in dem dann aber auch noch im hinteren Teil die Materialien für die einzelnen Sachunterricht-Fächer zu finden sind. Also nur ein halbes Mathebuch. Dafür gibt es gleich fünf Bücher für Religion!
Auch bei den weiteren Schulmaterialien gibt es hier einige Unterschiede zur deutschen Grundschule. Die Federmappe konnten wir natürlich einfach übernehmen, allerdings lernen die Schüler hier nicht mit dem Füller zu schreiben. Kunstzeug mussten wir überhaupt nicht besorgen. Völlig ungewöhnlich für uns ist der Umgang mit den Sportsachen. An den entsprechenden Tagen kommen die Kinder schon morgens in bequemen, sporttauglichen Klamotten in die Schule. Gewechselt werden dann nur die Schuhe. Die verschwitzten Sachen bleiben danach an. Die Schürzen (grembiule), die italienische Vor- und Grundschulkinder in vielen Gegenden wie eine Schuluniform tragen, gibt es hier bei uns zum Glück nicht.
Viele Kinder haben dafür Ranzen wie Rollkoffer, also mit Teleskopgriff und Rollen unten dran. Allerdings ist das wohl bei regelmäßiger Nutzung ungesünder für den Rücken als ein gut eingestellter Ranzen, da man sich beim Ziehen immer so einseitig nach hinten dreht. Außerdem liegen hier ziemlich häufig Hundehaufen auf dem Fußweg herum und dann kommen die unachtsamen Kinder mit ihrem Trolley an und…
Die Schule beginnt morgens um 8 Uhr. Nach dem Vormittagsunterricht gibt es die Hof- und Mittagspause. Anschließend können die Kinder spielen, bis es dann noch eine letzte Unterrichtsstunde gibt. Um 16 Uhr ist Schluss, bis dahin sind die Kinder also gut beschäftigt. Von den Inhalten, die sie währenddessen erarbeiten, bekomme ich bisher kaum etwas mit. Ab und zu steckt mal ein Heft im Ranzen, in dem als Hausaufgabe ein Bild bunt ausgemalt werden soll. Das sind zum Beispiel in Mathe bisher geometrische Figuren und Bilder zum Mengenverständnis wie „mehr – weniger“.
Ganz ausgesprochen furchtbar finde ich das anschließende Abhol-System. Während man in Deutschland innerhalb eines längeren Zeitraumes in Ruhe sein Kind im Hort- oder Klassenzimmer oder auf dem Hof abholt und es bei der Aufsichtsperson abmeldet, warten hier kurz vor 4 alle Eltern in einer riesigen Traube vor dem Schultor. Die Klassen kommen nacheinander aus der Schule und stellen sich in Reihen auf der anderen Seite des Tores auf. Auch wenn also Klasse und Eltern bereits dastehen – das Tor springt erst um punkt 4 Uhr auf. Dann rammeln alle Eltern gesammelt in den Hof, die Kinder machen durch Winken und Schreien auf sich aufmerksam, die Lehrer wollen einem noch etwas mitteilen. Es ist ein einziges Gewühle und ein furchtbar lautes Durcheinander, aus dem man schnell wieder herausmöchte. Bei Regen verlagert sich das Ganze in das Schul-Foyer und wird dadurch nur noch schlimmer.
Fazit: Victoria geht hier gern in die Schule und scheint auch Spaß zu haben. Aber auch wenn sie hier gut aufgehoben ist, nette Lehrerinnen und Mitschüler hat und sicher alles Wichtige lernt bin ich doch froh, sie nach dem Jahr wieder in die Dresdner Grundschule schicken zu können.